Und von noch einer Fortbildung möchte ich berichten. Eine längere Zeit der Fortbildungen und Qualifizierungen liegt nun hinter mir, daher ist es zwischenzeitlich auch ruhig auf dieser Seite geworden. Nun freue ich mich aber wieder mehr praktisch tätig zu sein und auch mal wieder selbst zu dozieren.
Der Kursteil der Zusatzbezeichnung Sportmedizin erstreckt sich über insgesamt gut vier Wochen, schon letztes Jahr hatte ich einen Wochenblock besucht (online!, was besser funktioniert hat als gedacht) und nun stand der nächste Block vor Ort in Garmisch-Partenkirchen an. Ob und wann ich jemals diese Zusatzbezeichnung abschließe ist nochmal eine andere Sache, aber profitiert habe ich bereits gewaltig davon.
Mir geht es ja eh nicht um das Sammeln von Scheinen, Urkunden und Qualifikationen, sondern ich bestehe auf den direkten Bezug zu meiner Tätigkeit und somit hat es direkte Konsequenzen auf mein Handeln:
Praxis: Am Gesundheitszentrum Todtnau behandeln wir viele Sportverletzungen, insbesondere jetzt im Winter verbunden mit dem Skisport, aber auch im Sommer bei Mountainbikern, Wanderern & Co. Es gibt jedoch auch einige Patienten, die auch sonstige sportmedizinische Anliegen abseits von Verletzungen haben. Bei Sportmedizin denkt man zunächst meist an die Leistungssportler, man darf aber auch nicht vergessen, dass zur Sportmedizin auch Rehasport, Sport bei chronischen Erkrankungen und Sport zur Gewichtsreduktion gehören mit ihren ganz eigenen Ansprüchen und Zielsetzungen.
Notfallmedizin: Gerade in den o.g. Saisonmonaten im Winter und Sommer stellen Sport- und Freizeitunfälle einen erheblichen Anteil der Rettungsdiensteinsätze dar und eine fundierte Kenntnis der medizinischen Besonderheiten und der Bedürfnisse dieses besonderen Patientenkollektivs sind hier sehr von Vorteil. Nicht zu vernachlässigen sind auch die Veranstaltungsbetreuungen, für die man ehrlich gesagt nicht immer ideal personell wie materiell aufgestellt ist und gerade bei Großveranstaltungen stets eine Herausforderung darstellt.
Eigennutz: Man darf ja durchaus auch mal etwas egoistisch sein und was für sich selbst machen. Ich versuche ja seit einiger Zeit selber wieder mehr sportlich aktiv zu sein, so gut es halt meine Zeit zulässt. Da ist mir natürlich ein eigenes sportmedizinisches Wissen hilfreich und zu jeder sportmedizinischen Ausbildungseinheit und auch Tätigkeit gehört aktiver Sport auch immer mit dazu und somit kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die resultierende Fitness kommt mir dann wiederum in der Praxis und der Notfallmedizin durch eine verbesserte Belastbarkeit zugute.
Zum Kurs: Die Sportmedizin-Kurse in Garmisch-Partenkirchen sind schon legendär geworden, was natürlich auch daran liegt, dass es wohl kaum im Sommer noch im Winter eine bessere Örtlichkeit für alle benötigten Sportarten gibt. Dazu bestehen mit dem Kongreßzentrum ideale Möglichkeiten für die Vorträge. Veranstaltungen leben bekanntlich nicht nur von den äußeren Umständen, sondern vielmehr von den Menschen, die sie organisieren und abhalten. Und hier ist es den Veranstaltern, selbst allesamt begeistert von der Thematik, gelungen eine tolle Truppe von Vortragsdozenten und Trainern für die Praxiseinheiten zusammen zu trommeln. Es geht nicht darum, dass alle Teilnehmer jede angebotene Sportart wirklich beherrschen, sondern es soll eher bei den sog. Nebensportarten ein „hineinschmecken“ sein. Bei der auszuwählenden Hauptsportart kann man ja seinen Neigungen nachgehen und diese dafür dann intensiver trainieren – bei mir war es Langlauf in der Skating-Technik. Ich hatte eh schon lange vor hier mal richtig Unterricht zu nehmen.
Was ich mitgenommen habe: Ich war wieder einmal beeindruckt von der Begeisterung und Motivation aller Dozenten und Trainer. Klar hat es die Sportmedizin ähnlich einfach die Teilnehmer zu begeistern und zu aktivieren wie die Notfallmedizin, aber dennoch erkenne ich die Mühe und das Engagement respektvoll an. Neben den sportlichen Aktivitäten durfte ich aber auch noch viele neue Erkenntnisse sammeln. Sowohl bei Unfällen/Verletzungen als auch Erkrankungen macht der Bezug zum Sport schon einen gehörigen Unterschied und meiner Meinung nach wird die normale (Notfall-) Medizin diesen Besonderheiten nicht gerecht. Beispielhaft seien folgende Fragestellungen genannt:
- Kann der Sportler nach dem Kopfanprall weiter am Wettkampf teilnehmen, wenn ansonsten die Chance seines Lebens zerplatzt?
- Wie lange muss man nach einer Covid-Infektion pausieren?
- Was geht noch sportlich nach einem Herzinfarkt oder Tumorerkrankung?
- Wann muss ich wie mein schmerzendes Knie nach einem Sturz untersuchen lassen?
- Kann ich abnehmen und gleichzeitig meine Fitness verbessern?
- ...
- Und wer glaubt die Sportmediziner seien sich hierbei einig, der hat sich geschnitten...
Zudem bin ich ja schon seit Jahren an den mentalen/psychischen Aspekten des Sports und der daraus erwachsenden Performance interessiert, gerade im Leistungs- und Extremsport, auch hier konnte ich viele wertvolle Impulse sammeln.
Es hat also meinen Horizont wieder gehörig erweitert und eigentlich wäre ich motiviert zügig weiter zu machen, aber jetzt geht es erstmal wieder zurück zur heimischen Arbeit. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.
Aber eine Warnung sei noch gestattet zum Schluss: Vieles ist möglich, auch in der Sportmedizin, aber gerade wenn man im Leistungssport versucht die menschlichen Grenzen zu verschieben, kommt man schnell in einen Bereich, den man nicht mehr den Krankenkassen zumuten kann. Und dies ist in meinen Augen auch in Ordnung so, denn sonst wäre das System auch nicht mehr finanzierbar. Denke unser Gesundheitssystem ist sehr gut aufgestellt und jeder bekommt alles was man zwingend braucht. Alles darüber hinaus ist für mich ein akzeptabler Invest in die eigene Gesundheit und die sportliche Begeisterung. Gerade in Leistungsstufen, die weit von der normalen Gesundheitsförderung entfernt sind, wäre es sonst auch nicht sozial vertretbar. Ich hätte natürlich nichts gegen eine vollständige Kostenübernahme auch durch die gesetzlichen Krankenkassen, aber ich will um Verständnis bitten, dass man eben nicht alles kostenfrei ermöglichen kann, was theoretisch möglich und hilfreich ist.