Reminder Hyperkaliämie

Ich möchte hier als kurze Wiederholung einen Fall aus der Klinik vorstellen: 

Die Dienstärztin der Inneren Medizin informiert mich als Arzt auf der Intensivstation über eine von ihr wegen AZ-Verminderung aufgenommene gut 80jährige Patientin, die ein Serumkalium von > 8mmol/l habe. Zunächst vermutete ich eine Fehlmessung und schlug etwas borniert (typisch Anästhesist) eine Kontrolle vor. Geduldig erwiderte die Kollegin, dass sie dies schon dreimal gemacht habe, immer mit dem gleichen Ergebnis. Daraufhin fragte ich wieder lässig, ob denn die Patientin reanimationspflichtig sei oder was denn sonst die Nachricht hinter ihrem Anruf sei. Nein, die Patientin wäre zwar etwas schlapp aber ansonsten fit und kardiorespiratorisch absolut stabil auf der Bettenstation. Dies weckte dann schon meine Neugierde und ich bat darum die Patientin umgehend auf die Intensivstation zu verbringen.

Ca. 5min später lernte ich dort in der Tat eine rüstige Lady kennen, die die ganze Aufregung überhaupt nicht verstehen konnte. In der Anamnese waren mehrere Episoden eines akut auf chronischen Nierenversagens prärenaler Genese a.e. auf dem Boden einer Exsikkose bekannt. Sie selbst meinte aber sie hätte dieser Tage genug getrunken, wobei sie mir keine Mengenangabe machen konnte, ebenso wenig über die ungefähre Urinmenge.

Im Überwachungs-EKG zeigte sich unten dargestelltes Bild mit einer überhöhten T-Welle, abgeflachter P-Welle und gehäuften monomorphen ventrikulären Extrasystolen. Unsere Kaliumkontrolle ergab erneut einen Wert >8mmol/l. 

Folgende Sofortmassnahmen wurden daraufhin analog zu den aktuellen ERC-Leitlinien vorgenommen:

- Inhalation von 10mg Salbutamol (Kaliumshift)

- Gabe von 1g Calciumchlorid (Kardioprotektion)

- Gabe von Insulin/Glucose (10 IE Altinsulin und 25g Glucose als Kurzinfusion) (Kaliumshift)

- Gabe von CPS-Pulver oral (Kationenaustauscher Ca++ gegen K+ enteral)

Weiterhin wurden außerhalb der ERC-Leitlinie nach sonographischem Ausschluss eines Harnstaus bzw. postrealen Nierenversagens sowie Anlage eines Blasendauerkatheters  40mg Lasix (zur Steigerung der renalen Kaliumausscheidung) und 1,5l NaCl 0,9% (kaliumarmer Volumenausgleich) verabreicht.

Eine kurzfristige Dialysemöglichkeit besteht in unserem Hause nicht, dazu hätte die Patientin verlegt werden müssen. Die Retentionsparameter waren über die Baseline der Patientin erhöht, jedoch nicht in einem besorgniserregenden Bereich.

Es kommt in der Folge zu einem extrem erfreulichen Verlauf, so dass die Patientin bereits am Folgetag auf die Bettenstation verlegt werden konnte. Zuvor erfolgte die engmaschige Kontrolle von Kalium, Natrium, Chlorid, Calcium, pH, Glucose sowie der Volumenbilanz. Es wurden jedoch keine weiteren Massnahmen wie die o.g. nötig.

 

Meine Lehre: Ich hatte der Patientin einen arteriellen Zugang für die seriellen BGA-Kontrollen und zur permanenten Blutdrucküberwachung gelegt, sicherlich kein Fehler, aber ob es alternativlos war kann diskutiert werden. Weiter wollte ich unbedingt einen ZVK anlegen unter der Vorstellung ich könne hierüber einen besseren Elektrolytausgleich und sonstige Medikamentengaben erreichen. Die gelang mir aber auch sonographisch in der V. jugularis interna rechts wiederholt nicht, da sich der Draht nicht vorschieben ließ. Aus Sorge ich könnte mit dem Draht eh maligne Herzrhythmusstörungen auslösen, brach ich den Punktionsversuch ab und mußte dann demütig und selbstkritisch erkennen, dass mein Notfall-Therapieplan bei gut laufendem peripheren Venenkatheter auch möglich war. 

 

Zur Info: Die deutschen ERC-Reanimationsleitlinien 2015 findet man kostenfrei unter folgendem Link, die Behandlung der akuten Hyperkaliämie stehen auf den Seiten 837-840

https://www.grc-org.de/wissenschaft/leitlinien