Meine Lehren aus der letzten Nacht

Gestern hatte mein vierjähriger Filius Benedikt einen "kleinen" Unfall beim Sport, das Ergebnis ist oben auf den Röntgenbildern zu sehen: Eine geschlossene aber komplette Unterarmfraktur. Doof nur, dass Papa zum Unfallzeitpunkt mal wieder im Kliniknachtdienst war, so dass meine tapfere Familie zunächst einmal ohne mich in die Uniklinik Freiburg fahren mußte.

 

Lehre 1: Es kam zu keinem RD-Einsatz, da Benedikt zwar geweint aber sonst gefasst war und mit Mutti ins Krankenhaus fahren wollte. Zudem stellte meine Frau uneingeschränkte pDMS fest, so dass sie von einem notärztlichen Repositionsversuch zugunsten eines umgehenden Transports Abstand genommen hat.

Lehre 2: Es war für das weitere Procedere natürlich nicht förderlich, dass er durch Anwesende beim Unfall noch "Trösterle-Gummibärchen" bekommen hat.

Lehre 3: Ich konnte mich wirklich auf meine Kollegen verlassen: Der Hintergrund-OA Axel Okonek kam umgehend in die Klinik mit der Absicht mich aus zu lösen (musste dann aber in den OP), Alex Nagelmann kam extra in der Klinik zurück um mir spontan den Dienst ab zu nehmen und bis dahin hütete der Spätdienst Axel Langer mir die Intensivstation. Die Kollegen Tilman Opitz und Felix Bächle machten extra Überstunden, um das zwischenzeitlich hohe Arbeitsaufkommen zu bewältigen.  Herzlichen Dank Jungs!

 

In der Uniklinik angekommen war Benedikt bereits im Röntgen, die chirurgische wie anästhesiologische Aufklärung war bereits gelaufen und die übliche orale Analgesie wurde durch den befreundeten Kollegen der Anästhesie bereits mit PVZ und Dipidolor erweitert. Aufgrund hohen sowie dringlichen OP-Aufkommens vergingen unvermeidlich und unter Ausschöpfung sämtlicher Ressourcen insgesamt 6h bis zur OP. Dies war jedoch durch die gute präoperative Analgesie kein Problem, denn einen erheblichen Anteil der Zeit hatte Benedikt schmerzfrei verschlafen.

 

Lehre 4: Ich sollte vielleicht selber auch mehr auf eine optimale präoperative Analgesie achten, weil ich nun direkt miterleben konnte, wieviel Angst und Stress dies reduziert und auch die gefühlte Wartezeit verkürzt. Im hohen Workload mag mir das selbst vielleicht manchmal untergehen.

 

Die operative Versorgung erfolgte schließlich problemlos und zügig in Allgemeinanästhesie als RSI, den Rest der Nacht durften wir dann gemeinsam im Aufwaschraum verbringen, wobei man es uns dort auch so angenehm wie möglich machte.

 

Lehre 5: Ich war beeindruckt und auch etwas gerührt von der großen Warmherzigkeit des Personals neben der hohen Professionalität, wir haben uns extrem gut betreut gefühlt.

 

Auch am folgenden Morgen gab man sich große Mühe, dass wir unbürokratisch rasch die Klinik wieder nach Hause verlassen konnten.

 

Lehre 6: Zusammenfassend bin ich unglaublich stolz auf Benedikt, wie tapfer er Alles hat über sich ergehen lassen und sogar etwas Spass dabei hatte. Zudem wurde mir mal wieder bewußt was für einen großen Vorteil und Privileg es darstellt, wenn man sich mit der Materie auskennt und ich so die nötige Gelassenheit bewahren und etwas Entertainment für den Sohnemann betrieben konnte. Klar hat nicht jede Familie diesen Vorteil, aber das sollte für uns Alle "in der Szene" eine moralische Verpflichtung sein, wie wichtig eine gute und anhaltende Information ist.

 

Fazit: Natürlich und Gott sei Dank habe ich letzte Nacht nichts für mich ganz Neues gelernt, aber diese für Benedikt schmerzhafte Situation hat mir doch sehr noch einmal die Augen geöffnet. Ich bin absolut nicht scharf drauf, aber dennoch war es für mich eine hilfreiche Erfahrung auch mal aus dieser Sicht das System zu erleben.