Seit "Freitag dem 13." Oktober darf ich ein handliches Ultraschallgerät ("Vscan with Dual Probe" von GE) mein Eigen nennen. Es ist zwar absolut bizarr und verrückt soviel privates Kapital für seinen "Nebenjob" in die Hand zu nehmen, aber ich kann und will nicht länger auf diese für mich sehr gewinnbringende und lohnenswerte Technologie verzichten. Am ersten Wochenende hatte ich gleich mehrfach die Gelegenheit das Gerät im Einsatz ein zu setzen:
Einsatz 1: Bodengebunden bei einem Motorradunfall im ländlichen Umfeld mit langer Anfahrtszeit. Die junge Patientin klagt über maximale Schmerzen in der HWS und BWS ohne neurologische Ausfälle, ebenso Schmerzen im linken Sprunggelenk. Ein Hubschraubertransport wäre indiziert, ein Heli ist aber kurzfristig nicht verfügbar, daher erfolgt der schonende bodengebundene Transport ins nächstgelegene regionale Traumazentrum. Die Patientin ist von ihren Wirbelsäulenschmerzen verbunden mit der Sorge um bleibende Schäden fixieren die Patientin vollständig, ich habe daher Sorge vor weiteren weiteren Verletzungen. Die Notfallsonographie von Abdomen und Thorax ergibt keinen Befund und somit mir die Sicherheit, dass ein schonender Transport möglich ist und ich konnte vor Erreichen der Zielklinik nach Erreichen einer suffizienten Analgesie die Patientin aufgrund eines Folgeeinsatz zu verlassen.
Einsatz 2: Mit dem Heli nachgefordert vom bodengebundenen NA zum Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person. Der Patient ist mit ca 80km/h von der Strasse abgekommen und hat sich nicht angeschnallt mehrfach überschlagen. Er muss von der Feuerwehr technisch gerettet werden. Klinisch gibt er lediglich Schmerzen in der LWS an, allerdings besteht eine erhebliche Sprachbarriere, so dass eine Anamnese kaum bzw. nur bruchstückhaft möglich ist. Der erstversorgende NA entschließt den Patienten aufgrund der Unfallkinetik als Polytrauma zu sehen und fordert mich nach. Während des Fluges ins Traumzentrum führe ich im Dunkeln die Notfallsonographie durch. Ich finde es schwer im Rettungssack und mittels Spinne auf dem Spineboard fixiert die Untersuchung durch zu führen bzw. sie benötigt deutlich mehr Zeit. Ich kann keine Auffälligkeiten feststellen und gebe dies im Rahmen meiner Schockraumübergabe in der Zielklinik weiter geben, wo mein Befund verifiziert wird.
Einsatz 3: Motorradunfall im Südschwarzwald mit starken Schmerzen in der HWS mit Kribbelparästhesien in beiden Händen/Unterarmen palmar beidseits. Ebenso Schmerzen in beiden Unterschenkeln (RQW links, Knietrauma rechts). Die Rettung aus unwegsamen Gelände erfolgt durch die Bergwacht Schwarzwald, die weitere Versorgung erfolgt im RTW. Aufgrund des Verdachts auf Halswirbelsäulentrauma werde ich vom RTW mit dem Heli nachgefedert. Während des Fluges ins überregionale Traumzentrum führe ich erneut mühsam die Notfallsonographie durch und übergebe es entsprechend im Schockraum, wo erneut der Befund durch den Unfallchirurgen verifiziert wird.
Einsatz 4: Direkt unmittelbar nach Einsatz 3 fliegen wir erneut zu einem Motorradunfall im Südschwarzwald. Zwei Motorradfahrer sind auf ein Auto aufgefahren, welches abrupt gestoppt hatte. Wir sind das ersteintreffende professionelles Rettungsmittel nach einer hoch engagierten und top fitten First Respondier-Kollegin, Wir versorgen einen jungen hämodynamisch stabilen Patienten mit stärksten Schmerzen im unteren rechten Hemithorax und im rechten Oberbauch. Zügig werden zwei 14G-Kanülen gelegt und der Patient monitorisiert. Der Patient stammt aus der Schweiz und möchte heimatnah nach Zürich verbracht werden. Noch auf der Strasse führe ich zügig während der Transportvorbereitung die Notfallsonographie durch. Dabei Stelle ich den hochgradigen Verdacht auf freie Flüssigkeit intraabdominell, v.a. retrovesikal, fest. Daraufhin wird das Transportziel auf das nächstgelegene schweizer Traumzentrum geändert, 1g Tranexamsäure verabreicht und eine suffiziente Analgesie durchgeführt, woraufhin der Patient zügig umgelagert und rasch transportiert wird (absolute Transportpriorität). Im Traumzentrum lässt sich v.a. freie Flüssigkeit perihepatisch bestätigen.
Fazit: Es bietet sich häufig an bereits präklinisch eine Notfallsonographie durch zu führen und gibt mir deutlich mehr Sicherheit für die weitere Versorgung und Planung des Transportziels. Bereits bei der vierten Anwendung kommt es aufgrund der Sonographie zu einer Transportzieländerung und Transportpriorisierung.
Ich stelle fest, dass ich noch viel üben muss, insbesondere bei der Durchführung unter ungünstigen Bedingungen wie grellem Sonnenschein, Zeitdruck oder während des Fluges mit begrenzten Platzverhältnissen..
Dennoch halte ich die präklinische Notfallsonographie für extrem wertvoll und sie verdient es vorangetrieben zu werden. Ich hoffe auf eine weitere Wertschätzung und Aufwertung in den präklinischen Leitlinien, damit Druck auf die Kostenträger aufgebaut und präklinische Geräte flächendeckend beschafft werden können.