Veranstaltungsnachlese: Notarztkurs Roggenburg

Die Notarztkurse im Kloster Roggenburg sind für mich immer ein besonderes Erlebnis: Es hat schon was von Familientreffen. Seit 2010 bin ich den Notarztkursen, früher in Langenargen und nun im Kloster Roggenburg, verbunden, und es haben sich langjährige und intensive Freundschaften entwickelt. Schon Wochen vorher steigt daher die Vorfreude zunehmend die Kollegen/Freunde wieder zu treffen und es gibt dann schlußendlich vor Ort viel zu bequatschen. Ich denke bei aller fachlicher Motivation darf man sich diesen persönlichen sozialen Benefit schon eingestehen. Allen Referenten und Tutoren gemein ist die hohe intrinsische Motivation die präklinische Notfallmediziner praxisnah und up-to-date näher zu bringen, und so stachelt man sich förmlich gegenseitig zur Modifikation und Optimierung der Unterrichtseinheiten an.

Zuletzt wurde von von der Bundesärztekammer eine Modifikation des Kurscurriculums bzw. des sog. Kursbuchs erarbeitet, was es nun zukünftig um zu setzen gilt. Dies stellt in meinen Augen eine erhebliche Herausforderung für alle Kursveranstalter dar und ist nicht zwingend mit einer qualitativen/didaktischen verbunden. Aber grundsätzlich ist nach so vielen Jahren natürlich eine Aktualisierung und Anpassung an die aktuellen Voraussetzungen der Notfallmedizin notwendig und wünschenswert.

Aktuell durfte ich erneut die Vorträge zu den geriatrischen Notfällen, den medikolegalen Aspekten der Notfallmediziner und den Human Factors gestalten. Nachmittags folgten Workshops zu den Basismassnahmen der Kinderreanimation und invasiven Massnahmen. Auch hier war der Input der anderen Referenten, Tutoren und auch Teilnehmern erneut für mich eine große Bereicherung. Nur weil man ein Thema unterrichtet bedeutet es ja schließlich nicht, dass man nichts dazu lernen kann.

Ebenso lehrreich und interessant ist für mich auch stets immer der Austausch mit den Teilnehmern. Die Veränderungen im Gesundheits- und dazugehörigem Ausbildungssystem haben erheblichen Einfluss auf die Werte, Einstellungen und Ziele der jungen Kollegen. Weiterhin und anhaltend traurig finde ich, dass der Notarztdienst nicht selten eine Pflichtaufgabe darstellt, die ansonsten bei manchem Arzt nicht freiwillig gemacht werden würde, dies hat zwangsläufig bei allem Pflichtbewusstsein in meinen Augen Auswirkungen auf die individuelle Performance. 

Weiter muss man sich kritisch auch vor Augen halten, dass man sich als "Alter" auch nicht anmassen darf/kann die "Jungen" erzieherisch zugunsten der eigenen Einstellungen zu "schleifen". Es gibt Generations- und Systemunterschiede, daran kann man sich als "Alter" zwar reiben, aber es nützt nichts und ist auch vollkommen normal. Auch die Arbeit und Einstellungen unserer Vorgänger waren recht different zu unserem Tun.

Dennoch ist anhaltend und scheinbar unverbesserlich "making a difference" mein großer Wunsch und motivierendes Ziel. Früher meinte ich damit mehr meine eigene Arbeit "auf der Strasse" für den Patienten. Aber auch ich musste einsehen, dass der Tag nur 24h hat und man auch nicht auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen kann. Wenn ich mich aber neben der Arbeit als "Krieger und Arbeiter" auch als Multiplikator verstehe, kann ich mithilfe meiner "Schüler" (schreckliches Wort) viel mehr erreichen und voranbringen als ich allein. Daher empfinde ich es als große Freude und Privileg recht häufig als Redner, Autor, Ausbilder, Tutor und auch als Prüfer gefragt zu sein. Gelingt es mir hier einen positiven Einfluss zu nehmen, habe ich unglaublich viel erreicht. Natürlich kommen da vermutlich jedem auch negative Beispiele aus der eigenen Entwicklung/Geschichte in den Sinn, aber auch an diesen Fehlern kann man sich ja ein Beispiel nehmen und muss sie nicht wiederholen.

So hoffe ich (und glaube ich auch), dass nicht nur aber auch die Teilnehmer des heurigen Notarztkurses eine junge Generation an guten Notärzten wird, die die flächendeckende und qualitativ hochwertige Patientenversorgung sicherstellen.

Und wenn ich dann das Glück haben sollte, dass sich nach ein paar Jahren noch jemand positiv an mich erinnert, wäre dies für mich der Ritterschlag ;-)